Märchenhaftes Las Lajas
Auf dem Parkplatz der Seilbahn haben wir eine ruhige Nacht verbracht und konnten so nach dem Frühstück mit der Bahn runter ins Tal „tuckern“. Die Seilbahn hat nur 12 Kabinen und diese sind immer in einer Dreierreihe am Seil befestigt. Immer wenn die Kabinen in die Station fahren, muss die ganze Seilbahn anhalten, um dann im Zeitlupentempo wieder anzufahren. So konnten wir im Schneckentempo die Aussicht geniessen und haben uns etwas amüsiert, über diese sehr gemächliche Seilbahn. Dies würde wohl in der Schweiz mit den vielen Touristen nicht funktionieren, wo doch alles „ruckzuck zackzack“ abläuft. Hier aber kann man auf Plastikstühlen auf die nächste einfahrende Gondel warten, um dann gemächlich einzusteigen.
Die märchenhafte Kirche „Santuario de Las Lajas“ wurde in einer tiefen Schlucht auf eine Brücke gebaut. Der Anblick erinnert ein wenig an das Schloss Neuschwanstein in Deutschland und hat unsere Fotokameras wieder mal zum Glühen gebracht. Die Kirche war rappelvoll, da gerade eine Messe stattfand und so haben wir uns wieder mit der langsamsten je gesehenen Seilbahn hoch zu unserem Stellplatz bringen lassen.
Militärkontrolle mal anders
Kolumbien ist wegen der Drogengeschichte mit Pablo Escobar bei vielen eher negativ in Erinnerung. Auch wir haben noch eine blasse Erinnerung aus unserer Kindheit von den Berichterstattungen im Fernseher. Inzwischen ist viel Zeit vergangen und die Kolumbianer sind sehr darum bemüht, der Welt ein anderes Kolumbien zu präsentieren. Auch die neusten Friedensbemühungen mit der FARC lassen für dieses Land und die Menschen hoffen. Leider gibt es inzwischen einige Splittergruppen, die sich von der FARC gelöst haben und somit nicht bei den Friedensbemühungen mitarbeiten. So gibt es einige Regionen, die für uns Touristen immer noch Tabu sind. Aber wenn man sich an die Gebiete hält, die empfohlen sind, ist von diesen Problemen nur wenig zu spüren.
Bei Gesprächen mit Reisenden haben wir bereits erfahren, dass es neben Polizeikontrollen auch viele Militärkontrollen in Kolumbien gibt. Beim Vorbeifahren heben sie dann den Daumen hoch, was soviel heisst, dass die Strecke sicher ist. Dies kommt aus der Zeit, als die FARC in diesen Gebieten noch aktiv war. Was wir jedoch bei unserer ersten Militärkontrolle erleben, hat uns dann doch etwas überrascht.
Die ersten Soldaten halten alle den Daumen hoch und grinsen uns an. Wie freundlich die alle sind, denken wir und winken vergnügt. Doch dann hält uns ein älterer Offizier doch noch auf. Mir fallen sofort die Panzer am Strassenrand und die scharf bewaffneten Soldaten auf und wir sagen noch, wenn das mal kein Problem wird. Etwas verunsichert halten wir an und lassen die Scheibe ein Stück runter. Ein junger Soldat filmt das Ganze mit dem Handy. Plötzlich spricht der Offizier in ein Mikrofon und schon hab ich dieses mitten im Gesicht. Ich war so sprachlos, dass kein Wort über meine Lippen kam. Pascal hat seine Frage verstanden und antwortet. Dieser Offizier hat uns offensichtlich nicht wegen einer Drogenkontrolle angehalten, sondern machte ein Interview mit uns, was unsere Erfahrungen mit dem Militär in Kolumbien sind. Das Interview hat das ganze Dorf über Lautsprecher mitangehört. Kugelnd vor Lachen sind wir weitergefahren und konnten kaum glauben, was da eben passiert ist.
Laguna de la Cocha
Nach dieser ersten militärischen Erfahrung sind wir zur Laguna de la Cocha gefahren, wo uns ein traumhafter Blick auf den See und die grünen Hügel dahinter erwartete. Auf dem Parkplatz eines Restaurants konnten wir gratis übernachten, wenn wir bei ihnen konsumieren. So hatten wir nach unserem ersten kolumbianischen Bier bei Sonnenuntergang ein ganzes Menu (Suppe, Forelle und Dessert inkl. Getränk) für ein paar Dollar verschlungen und für einmal blieb uns der ungeliebte Abwasch des Geschirrs erspart.
Trampolin de la muerte – die Todesstrasse Kolumbiens
Nach dem Frühstück, welches wir im Sonnenschein genossen haben, sind bereits wieder dunkle Wolken aufgezogen. Etwas unsicher, ob wir die bekannte Strasse Trampolin de la muerte heute fahren sollen, haben wir in den Himmel geblickt. Doch schlussendlich haben wir uns dazu entschieden, denn wie wir von anderen Reisenden erfahren haben, soll diese nicht so schlimm sein. Eine Schotterstrasse führt von Pasto nach Mocoa durch eine wunderschöne Landschaft und der Dschungel leuchtet im saftigen Grün an den Hängen. Die Piste ist meistens gut befahrbar und die Bachüberquerungen waren weniger halsbrecherisch als gedacht. Fast die ganze Strecke ist mit Leitplanken ausgestattet, auch wenn diese wegen den Hanglawinen oft frei über dem Abhang hängen. Wir hatten mehr Gegenverkehr als gedacht, aber mit Pasci’s Fahrkünsten und ein wenig Geduld konnten wir sogar LKW’s kreuzen. Einige Passagen waren mit einem gelben „Peligroso“ Absperrband versehen, und da konnte man dann doch einige hundert Meter in den Abgrund blicken. Selbst der leichte Nieselregen am Schluss hat uns nicht mehr aus der Ruhe gebracht und kurz nachdem wir auf dem Stellplatz für die Nacht ankommen, zieht ein heftiges Gewitter auf.
Der „Campingplatz“ war eher eine Hippie Gemeinde. Etwas seltsame Leute, die den ganzen Tag in der Hängematte herumlungern. So sind wir nach einem kurzen Abendessen ins Bett gekrochen. Die Nacht war heiss und stickig und ich hatte das Gefühl ich rutsche nur noch auf dem Bettlacken herum. Kein Wunder wir befinden uns mitten im Dschungel und wir sind uns diese Hitze einfach nicht gewohnt. So habe ich mich am Morgen wie ein einziger Oeltropfen gefühlt und war froh, als wir endlich im klimatisierten Auto davonbrausen konnten.
San Agustin und der Chemiker von Escobar
150 Km sind wir auf der wenig befahrenen Strasse durch den Dschungel bis nach San Agustin gefahren. Auf einem kleinen Campingplatz haben wir einen hübschen Stellplatz für die nächsten Tage gefunden. Der Besitzer (Umberto) hat uns sofort darüber aufgeklärt, dass er Chemiker von Pablo Escobar und dass ganz San Agustin in dessen Besitz war. Hier soll er im Dschungel einige seiner Labors gehabt haben. Wir hatten uns bereits vorher darauf geeinigt, auf dieses Thema keine Meinung abzugeben und uns auf keine solchen Gespräche einzulassen. Wir finden es steht uns nicht zu, über das Geschehene zu urteilen. Natürlich hören wir immer gespannt und interessiert zu und es scheint uns etwas sonderbar, dass viele hier scheinbar stolz sind, für Escobar gearbeitet zu haben.
Der eigentliche Grund für unseren Besuch in San Agustin waren jedoch die archäologischen Stätten eines geheimnisvollen Volkes, welches bereits vor der Ankunft der Spanier wieder verschwunden war. Dieses Volk hat ihre Toten begraben und sie mit aus Vulkangestein herausgeschlagenen Statuen geehrt. Die meisten dieser Statuen haben eine menschliche Gestalt und erinnern an maskierte Monster. Andere ähneln Tieren wie dem Adler, Jaguar und Frosch, die ihnen heilig waren.
So sind wir zu einer wunderschön angelegten Parkanlage gefahren, wo wir diese tollen Statuen bei einem Spaziergang in der nachmittäglichen Hitze bestaunen konnten. Danach waren wir so hungrig, dass wir uns kurzerhand am Strassenrand wieder mal ein Meerschweinchen zu Gemüte führten. Die kolumbianischen Cuy (Meerschweinchen) sind zwar etwas grösser, haben aber genau so wenig Fleisch am Knochen wie in Peru. Die Haut ist so dick und zäh, dass man schon ein paar Minuten darauf herumkauen muss, bevor man es herunterschluckt. Der Geschmack war aber wieder vorzüglich…
Am nächsten Morgen sind wir zu Fuss zu einer weiteren Grabstätte aufgebrochen, die nur ein paar Kilometer von unserem Übernachtungsplatz entfernt liegt. La Chaquira liegt weit unten im Tal, ein paar hundert Meter über dem Rio Magdalena. Die Mittagshitze hat uns den Schweiss aus allen Poren getrieben und als wir dann bei der in Fels gehauenen Statue angelangten, waren wir etwas enttäuscht, da man in der Felswand nur eine dieser Steinhauereien entdecken konnte. Für die Strapazen wurden wir jedoch mit einer fantastischen Aussicht ins Tal und auf ein paar Wasserfälle belohnt. Auf dem Rückweg haben wir uns eine kleine Erfrischungspause bei einer Kaffee Finca gegönnt. Und siehe da, auch hier leben Schweizer. Philip kommt aus dem Raum Basel und lebt seit einigen Jahren hier als Kaffeebauer. Nach einem langen Schwätzchen hat uns Philip ein Kilo von seinem Kaffee geschenkt und wir konnten auch seinen selbst hergestellten Chicha probieren. Der gegorene Saft war jedoch nichts für meinen Geschmack.
Die restlichen Tage in San Agustin haben wir auf der Finca von „Don Umberto“ (wie er von seinen Angestellten ehrfürchtig genannt wird) bei wunderschönem Wetter verbracht. So konnten wir einige Büroarbeiten erledigen und unsere weitere Route planen. Die Tage in dieser schönen Umgebung mit angenehmen Temperaturen vergingen so wie im Flug.
Die Weiterfahrt Richtung Desierto Tatacoa führte uns durch kleine Dörfer und über kurvenreiche Strassen. In Kolumbien planen wir keine grösseren Strecken, da der Verkehr mit den riesigen Lastwagen eher langsam vorankommt. So haben wir bei einem Schwimmbad einen gratis Übernachtungsplatz gefunden, wo wir dafür im kleinen Restaurant unser Nachtessen genossen haben. So konnten wir den Einheimischen zusehen, wie sie sich im kühlen Nass erfrischt haben. Wie bei uns gibt es natürlich auch ein Hinweisschild, dass man im Pool nicht essen und auch nicht spielen darf. Natürlich haben die Kolumbianer Chips im Pool gefuttert und sind mit Arschbomben ins Wasser gesprungen. Es gibt Regeln hier, aber keinen interessiert es.
Kolumbianische „Töfflibuebe“
In Kolumbien sind wieder unzählige Motorradfahrer auf den Strassen präsent. Diese schlängeln sich mit halsbrecherischem Tempo links und rechts an uns vorbei und es braucht 4 Augen, damit wir keinen umfahren. Helm tragen hier nur Warmduscher. So kurven diese wie Vollbekloppte um fahrende LKWs und Autos herum, als gäbe es kein Morgen. Natürlich sitzen da auch ganze Familien auf einem Motorrad. Dies gipfelte darin, dass eine 4-köpfige Familie während der Fahrt ein Glace isst, auch der Fahrer. Erstaunlich sind die Frauen, die im Seitwärtssitz hinten drauf sitzen und in einem Arm das Baby halten und mit der anderen Hand einen Kochtopf auf dem Knie balancieren. Die müssen festgeklebt sein, oder mit ihren Balancekünsten im Zirkus arbeiten. Oder die Dame, die mit Schirm hinten drauf sitzt und bei jeder Bremsung dem Fahrer mit dem Schirm die Sicht nimmt. Solche Bilder sehen wir täglich auf den Strassen und sind erstaunt, dass wir noch an keinen Unfall gefahren sind. Auch als Transportmittel werden die Motorräder benützt. Der Zementsack wird kurzerhand einfach hinten drauf gelegt ohne diesen anzubinden. Auch grosse Gasflaschen oder Fensterscheiben werden auf dem Rücksitz transportiert. Da sind die Kolumbianer total schmerzfrei.
Frühstück mit Geissbock Langbart im Desierto Tatacoa
Im Desierto Tatacoa wurden wir von einer, wie in der Wüste üblich, unglaublichen Hitze überrascht und sind statt einer Wanderung im gekühlten Auto durch die Landschaft gedüst. Beim Red Valley haben wir einen Stellplatz für die Nacht gefunden. Eigentlich wollten wir im kleinen angrenzenden Restaurant etwas essen, aber scheinbar war die Köchin zu faul und hat uns zum nächsten Lokal geschickt. Inzwischen hat sich ein unglaublich schöner Sternenhimmel präsentiert und so sind wir zum nahegelegenen Observatorium geschlendert, um diesen durch ein Teleskop noch etwas genauer zu betrachten. Aber zuerst mussten wir uns mit ca. 50 anderen Touristen eine Präsentation über die Sterne anhören. So hat der Guide mit einem Laser die einzelnen Sternbilder erklärt. Das lustigste daran fand ich den Laserstrahl, welcher wie das Schwert von Dark Vader mit unglaublicher Helligkeit in den Himmel geleuchtet hat. Danach durften wir endlich durch das Teleskop in den Himmel gucken und wurden leider etwas enttäuscht. Auch durch die Vergrösserung sahen die Sterne noch winzig aus und schienen einfach ein wenig heller. Interessant war aber der Stern den es gar nicht mehr gibt und wir hier nur noch den Lichtstrahl des bereits erloschenen Sterns sehen.
Nach dieser eher bescheidenen Vorstellung sind wir zurück zum Auto und haben versucht in dieser Hitze ein paar Stunden Schlaf zu finden. Normalerweise lassen wir unsere Stühle und den Tisch über Nacht nie draussen stehen. Aber in der Wüste wird es wohl nicht regnen. Doch wir wurden eines besseren belehrt. Mitten in der Nacht schüttet es plötzlich wie aus Kübeln. Das Desaster war am Morgen bereits beim Aussteigen aus dem Auto sichtbar. Der feine Sandstaub war ein einziger, schlammiger Morast und klebte sofort an unseren Schuhen, so dass wir wie auf Stöckelschuhen durch den Matsch gingen. Natürlich waren die Stühle und der Tisch von oben bis unten mit Dreck bespritzt. Zum Glück haben wir diese sofort geputzt, denn wenn der Schlamm einmal trocken ist, wird er steinhart.
Nach der ganzen Putzerei haben wir unter einem der wenigen Bäume gefrühstückt. Als Pascal zur Toilette geht, kommt ein Geissbock langsam angetrottet und schon Sekunden später räumt er den Tisch ab. Mit Händen und Füssen habe ich versucht, den Angreifer abzuwehren, aber da hat er bereits unsere Müslipackung in der Fresse. Das war mir dann doch zu viel und ich habe ihm mit der Kaffekanne eine Kopfnuss verpasst. Erschrocken über meine Abwehr hat er sich dann mit gesenktem Kopf verzogen. Wahrscheinlich hatte der Dieb am nächsten Tag noch Kopfschmerzen.
Als wir endlich unsere sieben Sachen in der morgendlichen Hitze zusammengepackt haben und in unser gekühltes Auto steigen, juckt es uns an allen erdenklichen Stellen. Wir haben eigentlich keine Mücken bemerkt und fragen uns, was das für Stiche sind, die da plötzlich so rot leuchten. Natürlich haben wir nicht daran gedacht, dass auch Sandflöhe ziemlich mühsame und juckende Stiche hinterlassen können. So wurden wir noch tagelang an unseren Besuch in der Wüste erinnert.
Die Höhlen-Gräber von Tierradentro
Der Ort Tierradentro wurde vor ein paar Wochen von heftigen Regenmassen getroffen und der Fluss hat viele Brücken einfach mitgerissen. So hatten wir die Information, dass die unterirdischen Grabstätten bis auf weiteres geschlossen seien. Wir wollten es aber trotzdem versuchen und uns vor Ort über die Lage informieren. Bei einem grossen Parkplatz vor einem Hotel haben wir nicht schlecht gestaunt, als wir 2 Holländer die wir aus Cusco kannten, wieder angetroffen haben. Nur Minuten später fahren noch 2 Deutsche Autos auf den Platz, die wir ebenfalls noch aus Cusco kannten. So gab es ein heiteres und lustiges Wiedersehen irgendwo im Niergendwo.
Die unterirdischen Grabstätten waren inzwischen alle wieder geöffnet und wir konnten auf einer 3-stündigen Wanderung steil den Hügel hinauf viele von den eindrücklichen Höhlen begutachten. Einige waren sogar noch mit Wandmalereien verziert. Danach sind wir erschöpft und durchgeschwitzt in den Pool gehüpft und haben wie hier üblich mit einer eiskalten Dusche unseren Körper unfreiwillig heruntergekühlt. Am nächsten Tag haben wir die 14 Km lange Wanderung in die noch steileren Berge auf uns genommen. Die Mittagssonne hat so sehr auf uns herunter geknallt, dass unsere T-Shirts innert Minuten tropfnass waren. Aber wir haben uns Schritt für Schritt den irrsinnig steilen Weg hinauf gekämpft. Diese Grabstätten waren nicht mehr ganz so gut erhalten, doch die 360 Grad Rundsicht war dafür umso schöner.
Bei einem gemütlichen Stelldichein am Abend mit den anderen Reisenden, steigen auf dem Parkplatz ca. 20 Frauen in einen Bus ein. Wir hören wie sie laut diskutieren und kichern und dann steigen alle wieder aus. Neugierig nähern sie sich den grösseren Camping Mobilen der Deutschen. Und schwupps, stehen alle im Wagen und machen Fotos und natürlich auch Selfies in den Wohnmobilen. Ich war froh, dass wir unsere Autotüren geschlossen hatten, denn sonst wären sie wahrscheinlich noch über unser Bett gekrabbelt. Die Kolumbianer sind sehr neugierig und an Ausländern immer interessiert. So hat eine Teenagerin ein Selfie von sich gemacht, wie ich im Hintergrund im Pool an ihr vorbei schwimme. Der grossgewachsene Deutsche aus unserer Gruppe wurde hemmungslos nur mit Badehose bekleidet abgeknipst. So geschah es auch an diesem Abend, und wir mussten für unzählige Gruppenfotos mit den Frauen und den Kindern hinhalten.
Den Abend haben wir gemütlich in einem kleinen Restaurant mit unseren Reisefreunden verbracht und sind erst spät ins Bett gekommen. Das Aufstehen am nächsten Tag ging deshalb eher gemächlich von dannen. Ob nun das Bier oder doch der Muskelkater von der Wanderung Schuld daran war, lassen wir dahingestellt.
Die langfingrigen Pfadfinder in Popayan
In Popayan haben wir die inzwischen auf ein Minimum geschrumpften Vorräte wieder auffüllen können. Ein grosses Einkaufszentrum haben wir bis jetzt in Kolumbien noch nicht aufgesucht, da wir noch in keiner grösseren Stadt waren. Als wir unsere tausend Sachen ins Auto packen, wird der Himmel über uns schwarz und ein heftiger Regenschauer prasselt nur Minuten nachdem wir losgefahren sind auf uns nieder. Zum Glück hatten wir schon vorher einen kleinen Campingplatz ausserhalb der Stadt ausgemacht und als wir ankamen, war der Regen auch schon wieder vorbei. Nur mussten wir unseren Stellplatz etwas genauer aussuchen, um nicht in einer der entstandenen Pfützen zu landen und um der üblichen Hundekacke auszuweichen. Neben uns hat sich noch eine peruanische Familie im Dachzelt eingerichtet, doch diese sind schon früh im Zelt verschwunden. So sitzen wir gemütlich unter dem Dach eines kleinen Häuschens als plötzlich eine ganze Schar von Kindern den Platz stürmt. Da ich gerade auf der Toilette war, musste sich Pascal alleine mit Händen und Füssen gegen den Ansturm wehren und hat unzählige Hände zur Begrüssung geschüttelt. Und siehe da, als ich zurück komme ist mein Feuerzeug vom Tisch verschwunden. Wütend hat sich Pascal an den jugendlichen Leiter der Pfadfindergruppe gewendet, der sofort den kleinen Langfinger zitiert und ihm eine Standpredigt gehalten hat. Kleinlaut musste sich der Dieb dann bei uns entschuldigen. Die kleinen Jungs haben sich schon bald darauf ein bisschen Plastik auf den Betonboden gelegt, sich mit dünnen Decken zugedeckt und schon war Ruhe. Zelt, Schlafsack oder gar eine aufblasbare Matte, alles Fehlanzeige. Da waren wir wieder mal froh um unser kuscheliges Schlafgemach.
Windiger Lago Calima
Die Strecke zum Lago Calima führte uns kilometerweit durch Zuckerrohrplantagen und die Stadt Cali konnten wir zum Glück grossräumig umfahren. So sind wir schon am frühen Nachmittag am windigen Lago Calima angekommen. Der See ist vor allem bei Kitesurfern beliebt, was uns ja schon einen Hinweis auf die Windverhältnisse gab. Auf einem Campingplatz direkt am See haben wir mit Müh und Not unser Plätzchen im starken Wind aufgebaut und hofften, dass der Wind gegen Abend nachlassen würde. Im anliegenden Restaurant haben wir zu Abend gegessen und der Wind hat tatsächlich nachgelassen. Doch leider hat uns gleich darauf ein starker Regenguss ins Innere gezwungen. Somit haben wir entschieden, dass dies nicht der richtige Platz ist, um Weihnachten zu verbringen. Ein spanisches Pärchen hat uns kontaktiert, dass sie im 200 Km entfernten Filandia die Festtage verbringen werden und so haben wir kurzerhand entschlossen, mit ihnen zu feiern.
Weihnachten in Filandia
Da wir wegen dem Verkehr nicht durch Armenia fahren wollten, folgten wir unserem GPS für eine Abkürzung übers Land. Herrliche farbenfrohe Fincas präsentierten sich am Strassenrand, denn langsam nähern wir uns der Kaffeezone. In Montenegro fuhren wir auf einer eindrücklich steilen Strasse in einen Talgrund und die Umgebung war urplötzlich arm und etwas schäbig. Die Leute haben uns fragend nachgeschaut, was wir hier wohl suchen. Überall hingen Schuhe auf den Stromleitungen, was ja bekanntlich ein Zeichen ist, dass es hier Drogen zu kaufen gibt. So waren wir froh, als wir aus diesem etwas komischen Dorfteil wieder rausgeholpert sind. Bei der Finca Steel Horse in Filandia angekommen, konnten wir gerade noch einen der letzten Plätze auf dem kleinen Parkplatz ergattern.
Mit 16 anderen Reisenden haben wir Heilig Abend mit einer Grillparty verbracht, was ganz lustig war. Doch irgendwie sind auf der Finca eindeutig zu viele Leute und zu viele Hunde. Jeder Camper hat irgendwo einen Hund aufgelesen bzw. adoptiert, und diese toben den ganzen Tag um unsere Beine und um unseren Tisch herum. Etwas zu viel für unseren Geschmack, vor allem, da es auch dementsprechend viele Hinterlassenschaften hat. Am Weihnachtsabend haben wir unser in Popayan für 3$ erstandenes Schweinsfilet mit Gemüse gekocht und sind danach noch lange mit einem Pärchen aus Österreich draussen gesessen. So waren die Flasche Wein und die 2 Flaschen Rum schnell leer und wir sind erst nach Mitternacht ins Bett gekommen.
Da es immer wieder regnet, will unsere frisch gewaschene Wäsche hier einfach nicht trocknen. Inzwischen hat der Wind unsere sauberen Klamotten wieder in den Dreck geweht, aber wenigstens riechen sie wieder einigermassen frisch. Damit unsere Wäsche noch etwas trocknen konnte, mussten wir noch einen Ruhetag einlegen, was uns wegen dem Weihnachtskater nicht gross störte.
Der Trubel auf dem Platz ging uns am 3. Tag doch schon langsam auf die Nerven. Morgens konnten wir schon beinahe nicht mehr aus unserem Auto kriechen, da einige Reisende genau diesen Platz für ihren morgendlichen Kaffeeklatsch auswählten. So haben wir entschieden von hier zu verschwinden und uns im nur 25 km entfernten Salento ein neues Plätzchen zu suchen.
Regen, Regen, Regen und Silvester
Wunderschön auf einem Hügel und etwas ausserhalb des Dorfes Salento haben wir einen guten Stellplatz gefunden. Leider hat der viele Regen die Wiese schon sehr in Mitleidenschaft genommen und die grossen Wasserpfützen liessen nicht allzu viel Spielraum unser fahrendes Schlafgemach abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass es die nächsten Tage weiterhin in Strömen regnen wird. So haben wir die Tage damit verbracht unter einem Vordach zu sitzen und Tee Rum zu trinken. Abends musste sogar mein bereits weit unten verstautes Stirnband wieder seine Dienste leisten. Nein, so haben wir uns Kolumbien nicht vorgestellt. Zwar lassen kurze Regenpausen einen kleinen Spaziergang ins Dorf zu, aber die berühmten Wachspalmen weiter hinten im Tal wollen wir in diesem Matsch nicht aufsuchen. So warten wir tagelang auf ein bisschen Sonnenschein. Am Silvesterabend sind wir nach dem Abendessen ins Dorf spaziert, um die Jahreswende auf kolumbianisch mitzuerleben. Zwar war auf dem Hauptplatz ein grosses Zelt aufgebaut worden und es haben auch ein paar Pärchen Salsa getanzt. Aber so richtig Stimmung schien nicht aufzukommen. Alkohol wurde nur in einer kleinen Bar ausgeschenkt, wo wir unser Silvester-Bier erkämpft haben. Um Mitternacht ging ein kurzes Geschrei los und das war es dann auch schon mit der grossen kolumbianischen Silvesterparty. Etwas enttäuscht aber eigentlich auch froh nicht in einem heillosen Getümmel gelandet zu sein, sind wir wieder zu unserem Auto zurückgeschlendert. Auffallend war, dass weder Betrunkene herumgetorkelt sind und auch kein Abfall am Boden herumlag. Die Kolumbianer scheinen Silvester also sehr gesittet zu feiern.
Am 1. Januar wurde das Wetter noch schlechter. Neben Dauerregen war es jetzt auch noch neblig und unsere Stimmung hat den Nullpunkt erreicht. So haben wir entschieden am nächsten Tag, ohne die Wachspalmen zu besichtigen, weiterzufahren. Aber wie so oft haben wir kurz vor der Abfahrt unseren Plan geändert, da das Wetter etwas besser schien und sind doch noch in den Park gefahren. Momentan ist in Kolumbien Ferienzeit und viele Städter flüchten aufs Land. Was uns jedoch beim Parkplatz zum Eingang des Palmenparks erwartete, übertraf alle unsere Vorstellungen. Wir standen eine Ewigkeit in einer Autokolonne, bis wir endlich in den völlig vermatschten Parkplatz einbiegen konnten. Rund um uns haben sich Menschenströme und zu allem Überfluss auch noch ganze Herden von Reitern hoch zu Ross an uns vorbei gezwängt. Eigentlich hatten wir auf diesen Trubel gar keine Lust, aber jetzt waren wir schon mal da und haben uns auf einem langen Spaziergang dieses ausserordentliche Gewächs bestaunt. Die Palmen wachsen auf einer Höhe von 1800 – 2500 M.ü.M. und werden bis zu 60 Meter hoch. Mit ihren dünnen, langen Stämmen und dem eher kleinen Blattwuchs gewinnen sie nicht gerade eine Schönheitskonkurrenz, aber eindrücklich sind sie tatsächlich. Die Wanderung hat uns hungrig gemacht und so haben wir noch eine leckere Trucha (Forelle) in einem kleinen Restaurant verspeist. Auch da wurden unsere Nerven noch etwas strapaziert, denn als unser Essen nach über einer Stunde noch nicht auf dem Tisch stand, wurden wir langsam etwas „rumpelsurig“. Inzwischen wurde es bereits dunkel und wir haben uns zurück zum Campingplatz aufgemacht. Natürlich wollten dies auch ca. 100’000 andere Touristen und so endeten wir auf den knapp 10 Km doch tatsächlich auch noch im Stau. Müde und erschöpft sind wir nach einem kleinen Absacker ins Bett gekrochen, denn morgen wollten wir endlich in die Sonne fahren…
Die Kaffeeregion rund um Manizales
Kurz nachdem wir Salento verlassen hatten wurde das Wetter tatsächlich etwas besser. Bei einer von Reisenden empfohlenen Kaffeefinca in der Nähe der Stadt Manizales wollten wir uns für die Nacht einquartieren. Doch weil das ganze Gelände von einer reichen Familie über die Feiertage gebucht war, konnten wir die Nacht nicht hier verbringen. So vereinbarten wir, dass wir am nächsten Tag, wenn die Familie abgereist ist, wiederkommen und auch übernachten können. So sind wir ein paar Kilometer weiter zur Hacienda Venecia gefahren, wo es auch Übernachtungsplätze geben soll. Um die Hacienda zu erreichen, muss man von der Autobahn in einer Kurve rechtwinklig in einen Waldpfad einbiegen. Unglaublich wie halsbrecherisch hier die Zufahrten sind. Nach ca. 15 Minuten Fahrt durch dichten Bambuswald kreuzt ein Fluss unseren Weg und das Bachbett sah aus, als wäre vor kurzem eine Geröll-Lawine heruntergekommen. Deshalb haben wir entschieden, vor der Überquerung nochmals bei einem naheliegenden Hotel nach dem richtigen Weg zu fragen. Die nette Dame an der Reception hat uns natürlich lächelnd über den Fluss zum Haupthaus geschickt. Unser Pepino hat die Überquerung des Flusses tatsächlich ohne Probleme geschafft, aber ich halte bei diesen Manövern schon immer die Luft an. Beim Haupthaus wurden wir wiederum durch den Wald geschickt, um beim dazugehörigen Hostel und Campingplatz zu übernachten. Dort angekommen waren wir vorerst nicht ganz so begeistert, aber als uns Domingo, der Besitzer, in den Garten führte und wir die blitzblank sauberen Toiletten sahen, war für uns die Welt wieder in Ordnung. Es gab sogar eine freistehende Küche mitten im Garten, die wir nutzen konnten und Hängematten, um die Seele baumeln zu lassen.
Am nächsten Morgen konnten wir endlich wieder mal bei strahlendem Sonnenschein und umgeben von Bananen- und Kaffeeplantagen unseren Kaffee geniessen. Nach der langen Regenphase war dies eine wahre Wohltat und wir haben uns viel Zeit genommen, da es zurück auf die andere Kaffeefinca nur ein kurzer Weg war. Obwohl es bereits am Morgen sehr warm war, habe ich gleich noch die heisse Dusche in Anspruch genommen und bin erst wieder unter dem heissen Wasserstrahl hervorgekommen, als ich schon krebsrot war. Es war mir egal, dass ich danach umso mehr schwitzte. Ich hasse einfach kalte Duschen, auch wenn es 35 Grad heiss ist….
Nach einem stressigen Einkauf im Getümmel des Städtchens Chinchina sind wir bereits am Nachmittag auf der Kaffeefinca Guayabal angekommen. Kurz darauf hat es rund um uns geblitzt und gedonnert und wir haben den Nachmittag lieber im Trockenen verbracht. Die Kaffeetour haben wir für morgen Vormittag angemeldet und wir sind gespannt, was wir über diese schwarze, kleine Bohne, ohne die ich keinen Tag starte, erfahren werden.
Das schwarze Gold
Zusammen mit einer kanadischen Familie und einer Australierin haben wir uns im Kaffeehäuschen der Finca eingefunden, um uns den Prozess des Kaffeeanbaus erklären zu lassen. Wir waren überrascht, wie viele Schritte nötig sind, um einen qualitativ guten Kaffee zu erhalten. In Kolumbien wird im Gegensatz zu Brasilien und anderen quantitativ produzierenden Ländern die Frucht noch von Hand gepflückt. Eine harte und im steilen Gelände auch nicht gerade ungefährliche Arbeit. Wenn man bedenkt, dass für eine Tasse Kaffee 58 Früchte gepflückt werden müssen, relativiert sich der Preis, den wir im Laden oder im Restaurant bezahlen. Nach dem Schälen bleiben 2 Bohnen in einem schleimigen Zuckermantel übrig. In Kolumbien wird dieser Zuckermantel mit Reibung und Wasser entfernt, da der Kaffee beim Rösten sonst bitter wird. Viele Bohnen sind mit einem Insekt infiziert, die sich im Innern der Bohne erleichtern. In einem Wasserbad werden diese Bohnen von den qualitativ guten Bohnen abgesondert, da die infizierten Bohnen durch Luft im Innern oben aufschwimmen. Aus den infizierten Bohnen wird dann Instant Kaffee produziert, was mich dazu veranlassen wird, keinen solchen mehr zu trinken. Wer will schon Kaffee mit Insekten und ihren Hinterlassenschaften trinken:) Die übrigen Bohnen werden bei qualitativ guten Produkten nochmals geschält und dann nach Grösse und Farbe sortiert. Die grüneren Böhnchen werden z.B. nach Europa verschifft und können während der Überfahrt noch ein paar Wochen an Feuchtigkeit verlieren. Die hellbraunen Böhnchen mit weniger Feuchtigkeit bleiben hier in Südamerika. Früher wurde diese Verlesung von Hand erledigt. Da standen dann die Frauen vor einem Tisch und jeder Frau wurde eine Farbnuance zugeteilt. Heute wird dies natürlich maschinell erledigt. Die Bohnen werden dann entweder an der Sonne oder in einem riesigen Ofen getrocknet. Die Röstung findet bei den in der Schweiz erhältlichen Produkten erst in Europa statt. Interessant ist auch, dass ein kolumbianischer Kaffee-Experte genau weiss, von welcher Region die Bohne kommt. Dies kann er durch die Höhe des Anbaugebiets und den zwischen den Kaffeesträuchern angebauten Pflanzen herausschmecken. Auf dieser Finca sind vor allem Zitrusfrüchte nebst der Kaffeepflanze zu finden.
Genug der Philosophie, jetzt kommt die Degustation. Wie bei der Weindegustation wurden uns verschiedene Tassen vorgesetzt. In jeder Tasse war die selbe Menge Kaffee, nur die Temperatur des Wassers und die Durchlaufzeit war unterschiedlich. So konnten wir tatsächlich erhebliche Unterschiede feststellen. Aber eigentlich hat uns keiner so wirklich geschmeckt, was wir natürlich nicht offen bekundet haben. Nach dem vielen Kaffee trinken, waren wir hellwach und gestärkt, um uns als Kaffeepflücker selbst zu versuchen. Mit einem umgehängten Strohkorb wurden wir aufgefordert, die benötigten Bohnen für unseren nächsten Kaffee zu pflücken. Da uns der Guide vorher noch erzählt hat, dass es viele Spinnen und Schlangen in den Felder gibt, habe ich mich eher am Wegesrand aufgehalten und mich nicht voller Enthusiasmus in die Büsche geworfen. Ich wollte sowieso nicht zu gut als Pflücker abschneiden, sonst wäre ich hier wahrscheinlich noch versklavt worden… Die Arbeit hat zwar Spass gemacht, aber die Sonne hat mir sofort den Schweiss aus den Poren getrieben. Unvorstellbar was diese Pflücker hier leisten, welche dann auch noch die grossen 50 Kg Säcke in diesem Gelände zur Farm schleppen.
Nach all der harten Arbeit haben wir das Mittagessen auf der Finca umso mehr genossen und haben den Nachmittag in dieser herrlichen Umgebung verbracht.
Das zwiespältige Pflaster von Medellin
Obwohl wir eigentlich so gar keine Lust auf eine Stadt verspürt haben, konnten wir Medellin nicht auslassen. Einst die gefährlichste Stadt der Welt mit ihrer traurigen Drogengeschichte schien uns einen Besuch wert. Die Hauptstrasse hat uns nicht wie erwartet geradewegs nach Medellin geführt. Wir sind stundenlang über kurvenreiche Strassen gefahren und waren froh, dass wider erwarten nur sehr wenige LKW’s unterwegs waren, die bei diesen Kurven und im steilen Gelände jeweils das Tempo bis fast zum Stillstand herunter drosseln. Wir hatten einen Campingplatz im Auge, welcher 1000 Meter über der Stadt trohnt. Die Anfahrt führte uns mitten in die Stadt, wo wir irgendwo rechts abbiegen sollten. Doch genau wo wir abbiegen sollten, waren 3 Ausfahrten gesperrt. Und wie nicht anders zu erwarten, haben wir uns im Strassengewirr verloren. Zwar sind wir in die richtige Richtung gefahren, aber die Strassen bzw. Gässchen wurden immer enger und steiler. Ich habe in meinem ganzen Leben noch keine so steilen Strassen gesehen und wir mussten Pepino schon ziemlich quälen, um diese Steigungen zu bewältigen. Überall auf den Stromleitungen sind Schuhe gehangen, was uns zu erkennen gab, dass wir uns hier in einem Stadtteil befinden, der uns so gar nicht taugte. Die Menschen in den Gassen haben uns schon fragend nachgeschaut, als wir links, rechts, rechts und wieder links in den Gassen herumgeirrt sind. Als wir eigentlich links abbiegen sollten standen wir vor einer unvorstellbar steilen Gasse und Pascal hat entnervt das Handtuch geworfen. Zwar wären wir mit der Untersetzung raufgekommen, aber wenn wir dort oben noch wenden müssten, wären wir so ziemlich aufgeschmissen gewesen. Somit fragten wir einen Buschauffeur nach der richtigen Strasse nach St. Elena. Dieser hat kopfschüttelnd erklärt, dass wir hier total falsch sind und hat uns den Weg zur Hauptstrasse erklärt. Tatsächlich war diese Strasse um einiges besser und auch nicht mehr so steil.
Endlich beim Campingplatz angekommen, waren wir nudelfertig und froh endlich an einem ruhigen Ort zu sein. Zwar war die Wiese wegen dem vielen Regen ziemlich matschig, aber wir konnten ein gutes Plätzchen finden, um uns einzurichten.
Am nächsten Tag haben wir versucht, eine Free City Tour zu buchen. Doch da wir nirgends eine Karte von der Stadt finden konnten, haben wir uns entschieden, vorerst auf eigene Faust in die Stadt zu fahren. Kein leichtes Unterfangen, da die öffentlichen Verkehrsmittel ja bekanntlich fahren wann es ihnen beliebt. So sind wir am nächsten Tag aufs Geratewohl an die Bushaltestelle gestanden und haben gewartet. Nach einer halben Stunde kommt tatsächlich ein Bus, welcher uns bis zur Seilbahnstation in den Arvi Nationalpark bringt. Natürlich haben wir wieder mal einen Feiertag in Kolumbien erwischt und die Menschenmassen sind uns in Strömen entgegengekommen, da die Stadtmenschen an solchen Tagen aus der Stadt heraus wollen. Für ein paar Franken sind wir mit 2 Seilbahnen zuerst durch den Wald und danach über die unzähligen Dächer der am Hang gebauten Häuschen Medellins geschwebt. Ursprünglich wurde die Seilbahn gebaut, um den Menschen hier draussen den Zugang zum Zentrum zu erleichtern und ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit zur Stadt zu geben. Im Talgrund angekommen wollten wir bei der Station einen Stadtplan holen. Doch Fehlanzeige. Die Polizistin hat mir ihren Metro-Plan hingehalten und gemeint ich könne davon ein Foto machen. So sind wir einfach ein paar Stationen bis ins Zentrum gefahren, wo wir uns mehr Glück erhofft haben, einen Stadtplan zu finden. Doch auch da Fehlanzeige. Ein freundlicher Polizist hat zwar noch versucht sich durchzufragen, wo es einen solchen gibt, hat uns dann aber wieder auf den Metro-Plan verwiesen. So sind wir ziellos durch menschenleere Gassen geschlendert und fanden mehrheitlich wegen des Feiertags geschlossene Läden vor. Nur die Polizei war hier sehr präsent, weshalb wir uns auch sicher fühlten, obwohl wir in ganz Südamerika noch nie so viele Penner auf den Strassen rumliegen sahen. Nach der Besichtigung des Botero-Parks, wo 23 von seinen Skulpturen ausgestellt sind, wollten wir uns eigentlich ein Mittagessen gönnen. Da jedoch Feiertag war, waren auch keine Restaurants sondern nur Fast-Food Kneipen offen. Etwas enttäuscht sind wir dann mit der Metro noch bis Poblado gefahren, wo wir den erhofften Tour-Anbieter auch nicht gefunden haben. Somit war unser Ausflug auf eigene Faust in die Stadt beendet und wir haben entnervt ein Taxi genommen, das uns die kurvenreiche Strasse wieder zum Campingplatz gebracht hat. Da wir scheinbar alleine und ohne Stadtplan in dieser Stadt verloren sind, haben wir online die Gratis-Stadttour gebucht und gehofft, dass wir den Startpunkt irgendwie finden werden. Zum Glück mussten wir einen Tag warten, denn der nächste Tag war trüb und es hat ohne Unterbruch geregnet. So haben wir den ganzen Tag vor dem Feuer im Aufenthaltsraum gesessen und dem Regen zugeschaut. Langsam haben sich riesige Wasserlachen auf dem Platz gebildet und am Abend hatten wir schon fast einen eigenen Pool vor unserem Auto.
Der nächste Tag versprach besseres Wetter und wir sind gutgelaunt mit dem öffentlichen Bus in die Stadt gefahren. Immer wieder ein Erlebnis, wie die Chauffeure in diesen kurvenreichen Strassen herum rasen und meine Fingerknöchel wurden vom Festhalten schon ganz weiss. Den Startpunkt für die City Tour haben wir ohne Probleme gefunden und so sind wir mit Juan, unserem Guide, und 20 anderen Touristen losmarschiert.
Medellin ist als solches keine schöne Stadt, auch wenn sie versuchen einige Plätze zu verschönern. Unser Eindruck war, dass die Menschen zwar freundlich sind, aber dass es immer noch ein raues Pflaster ist, wo sich die Menschen über die Geschichte und die Zukunft des Landes nicht einig sind. So wird der Name Pablo Escobar auch nicht laut ausgesprochen, weil dies sofort zu Diskussionen führen würde. Wie gespalten die Menschen hier sind, sollte sich während der Tour bestätigen. Als Juan uns über die FARC und die Friedensbemühungen erzählt, nähert sich ein Mann und hört mit finsterer Miene zu. Plötzlich unterbricht er Juan in seinen Erzählungen und beginnt eine hitzige Diskussion. Juan versucht besonnen zu reagieren, doch der Mann lässt sich nicht beruhigen. Beim Plaza de la luz holt uns der wütende Mann sogar wieder ein und beschimpft Juan als Lügner. Eine unangenehme Situation, die uns aber aufzeigt, dass es hier kein richtig oder falsch gibt. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich wie immer dazwischen. Uns hat Juan jedoch beeindruckt, denn auch er hat als Kind 2 Kugeln ins Bein abbekommen und 4 seiner Freunde sind beim Fussballspielen auf der Strasse erschossen worden. Seine Onkel waren im Gefängnis und einer wurde umgebracht.
Da Medellin nicht mit wunderschönen Bauten bestechen kann, haben wir viele kleine Geschichten, die hier auf der Strasse geschehen gehört. So sind wir z.B. durch eine Gasse neben der Kirche geschlendert, wo die Verkaufsstände hauptsächlich pornografische Videos verkaufen. Auch die käufliche Liebe wird hier vorrangig vor einer Kirche angeboten. Ein Widerspruch für uns, doch für die Paisa, wie sich die Menschen rund um Medellin nennen, nicht.
Wenn Juan seine Erklärungen abgab, haben wir jeweils einen Kreis gebildet, damit sich keine Menschen dazwischen zwängen. Trotzdem haben sich jeweils ganz Menschentrauben um uns versammelt und wenn wir uns umdrehten, haben sie uns herzlich in Kolumbien begrüsst. Gemäss Juan ist es für viele, vor allem ältere Menschen unfassbar, dass heute Touristen in ihr Land kommen und sich für sie interessieren. Wenn man bedenkt, wie hier das Leben vor 20 Jahren war, versteht man dies evtl. ein bisschen und verstört uns trotzdem jedes mal.
Nach dem strahlenden Sonnenschein zieht gegen Ende der Tour ein bedrohliches Gewitter auf und wir haben den Plaza de Bolivar, welcher das „richtige“ Medellin zeigen soll ausgelassen. Doch eigentlich ist es nur ein Platz, wo sich Menschen mit Drogen voll dröhnen und viele Penner hausen, weshalb wir auch nicht ganz so traurig waren, dies nicht zu sehen. Beim letzten Platz wurde uns die unglaubliche Gewalt, welche noch vor ein paar Jahren in dieser Stadt geherrscht hat, vor Augen geführt. Die Friedenstaube von Botero wurde von einer Bombe während eines Musikfestivals zerfetzt und 23 Menschen starben, während sie ausgelassen feierten. Die Stadt wollte die Überbleibsel der Statue entfernen, doch Botero hat sich dafür starkgemacht, dass die Statue stehen bleibt und hat gleich daneben eine neue erstellt. Solche Plätze mit trauriger Geschichte gibt es hier unzählige und es macht uns schon ein wenig nachdenklich, dass das weisse Pulver so viel Unglück über die Menschen bringt.
Kurz vor Eindunkeln haben wir uns von Juan verabschiedet und haben uns auf die Suche nach unserer Busstation gemacht. Kein leichtes Unterfangen, wie sich herausstellte. Zwar haben wir die Station gefunden und haben uns sogleich in einen Bus gesetzt. Doch leider war es der falsche und wir mussten wieder aussteigen. Da man beim Ein- und Aussteigen im Bus durch ein Drehkreuz geht, wird so kontrolliert, wie viel der Buschauffeur einnehmen muss und dass er niemanden für lau fahren lässt. Jetzt sind wir aber bereits ohne zu bezahlen durch das Drehkreuz durchgegangen und wurden somit vom Chauffeur und vom Einweiser zurechtgewiesen. Nun, wie sollen wir denn als Touristen erstens den richtigen Bus erkennen und zweitens verstehen, was dieses bescheuerte Drehkreuz bedeuten soll. Endlich im richtigen Bus sind wir die kurvenreiche Strasse hochgefahren und bestaunten das Lichtermeer von Medellin. Auf dem Campingplatz haben wir uns mit einem holländischen Paar, dass wir bereits zweimal angetroffen haben, vor das Cheminee gesetzt und haben bis spät in die Nacht Geschichten ausgetauscht. Wir waren so vertieft in unsere Gespräche, dass wir selbst vergessen haben etwas zu Essen. So mussten ein paar Bierchen genügen und wir sind total erschöpft von den heutigen Erlebnissen ins Bett gesunken.
Bis bald
Jeannette & Pascal